Candyflossophy – Graubereiche und die Frage: What Would Kate Do? Von @candyfloss

Vor ein paar Tagen beim Jeans-Kauf. Ist euch aufgefallen, wie betont beiläufig ich den Satz eben hingeworfen hab? «Vor ein paar Tagen beim Jeans-Kauf». Ha! Als wär das so ein simples Unterfangen! Wir alle wollen doch die Jeans, die überall perfekt sitzt, hinten beim Bund nicht absteht, all unsere Körperstellen von hinten(!) wie von vorne ins begehrenswerteste Licht rückt and all that jazz. Ihr kennt es zur Genüge. Die Jeans der Wahl: «Curve ID» von Levi’s. Ich weiss, ich bin mit dem Wunsch meilenweit vom Zeitgeist entfernt, wurde die Linie doch schon vor fast drei Jahren gelauncht. Das Konzept hat mich damals angesprochen, versprachen die ausgefuchsten Marketingköpfe zigtausend Frauenkörper abgemessen und daraus die drei Hauptschnitte herausgefiltert zu haben. Natürlich sprach auch die Kampagne zu mir, mit der damals up-and-coming Lykke Li. Und, ja, es half auch, dass die Jeans in unseren Breitengraden genau um meinen Geburtstag in die Läden kamen. «Das ist ein Zeichen», denkt sich da die von sich behauptende rationale Frau.

Curve ID also, skinny und in Blau. Eine klassische Blue Jeans. Aber nicht dieses super-kann-ich-auch-mal-am-Casual-Friday-im-Office-tragen-Blau. Nein. Es sollte schon ein wenig verwegen sein. Zumindest subtil verwegen. So viel war mir also klar und um den Rest würde sich ja Doktor Levi’s kümmern. Und die nette und kompetente Verkäuferin Sandy vom Denim-Fachgeschäft, die mich die letzten paar Jahre beim Jeans-Kauf ertragen, pardon, beraten hat. Nun kommt es ja meistens anders und so fand ich nicht die gute Sandy, sondern eine Mandy vor (oder sie sah zumindest aus, als könnte sie so heissen). Die Vorzeichen standen schon mal schlecht. Das Hosenbein-halbvoll-sehend schlüpfte ich in eine blaue Levi’s, die aber nicht so richtig sitzen wollte, ausser, man steht drauf, wenn sich in der Leistengegend überflüssiger Stoff aufbauscht. Die Mandy störte das aber nicht. Oder sie hat diesen Umstand zumindest nicht kommentiert. Eine kleinere Grösse hatten sie grad nicht da und so fing Mandy an, mir andere Jeans-Labels in Blau feilzubieten. Hmm, jaja, blau waren sie ohne Zweifel, aber bei auffälligen Gesässtaschen und sonstigem Firlefanz bekomm ich nun mal imaginären Quaddel-Juckreiz.

Es half alles nichts, wir mussten zurück zum Levi’s-Regal. Mandy tat, was sie tun musste und empfahl mir, mal in eine graue Curve ID zu schlüpfen. Wie zum Hohn – I kid you not! – erklang im Geschäft in dem Moment «Blue Jeans»von Lana Del Rey. Auch da denkt sich die rationale Frau natürlich, das sei ein Zeichen. Nur, was für eins? Gar keine Jeans kaufen, wenn keine in Blau da sind? Einfach die Grauen kaufen, wenigstens endlich neue Jeans? Trägt man überhaupt noch graue Skinny Jeans? Ihr ahnt es. Da musste Mandys Rat her. Mandy, völlig entrüstet: «Ja natürlich trägt man die! Die sind aus der Spring Kollektion und alle kaufen diese grauen!». Grossartig. Ich hätte es wissen müssen. Mandy denkt natürlich an Absatzzahlen, aber meine Frage meinte nicht «Trägt man in Hinter-Mesopotamien noch graue Jeans?»sondern «Trägt Kate Moss noch graue Jeans?». Don’t get me wrong, es geht mir nicht darum, «trendy» Jeans zu tragen. Am liebsten trüge ich graue Jeans, wenn gerade gar niemand sich um sie schert, wenn ich damit sozusagen in ein «graue-Jeans-Zeitloch»fiele. Aber der denkbar schlechteste Zeitpunkt sich solche zuzulegen ist just der Moment, in dem La Moss sie nach geschätzt neun Jahren aussortiert! Geantwortet hab ich Mandy aber nur mit einem «Aha». Als würde sie meine Ernüchterung spüren, holt sie aus und sagt: «Also … » (meine Hoffnung stieg ins Unermessliche. Würde sie mir nun verraten, was Kate davon hält! Und Jeroen van Rooijen! Und Anna Wintour! Ja, was würd die Wintour dazu sagen, hätte sie ein Fitzelchen Rock’n'Roll in den Knochen! Oh Mandy, hilf mir aus meiner Misere!) « … was man gar nicht mehr trägt sind weisse Jeans». Und diese Information war für mich in etwa so relevant, als hätte sie mir offenbart, dass Intimpiercings bei Männern gerade «total out» seien. Denn, quel malheur, hatte ich doch genau für übermorgen einen Termin im Piercing-Studio. Um mir so total heftig meine King Prawns durchbohren zu lassen. Ha.

Wie dem auch sei, Levi’s has left the building. In Grau. Und The Boyfriend bekam an der Kasse sogar ein Geschenk. Ein Nivea Men Deo mit nettem Chauvi-Werbetext («Gerade eine anstrengende Situation erlebt? Mit der Freundin Jeans kaufen gewesen?»). Und ich? Bekam ich etwa kein Goodie? Schliesslich war es mein Geld, das im Laden liegenblieb. Ahhh, natürlich hatte Mandy auch daran gedacht. Es kam erst zu Hause zum Vorschein, lag doch in der Einkaufstüte so ein Hochglanz-Flyer. Ein Rabatt-Gutschein! Für! Gel-Nägel. Werd ich mir machen lassen, wenn ich weisse Jeans kaufe. Und mich, ähem, piercen lasse. Übermorgen.

Yours truly,
@Candyfloss

PS: Laut relativ aktuellem Blogpost trägt Miss Moss noch immer graue Skinnies und es wird gemutmasst, dass diese nun zu ihren «wardrobe staples» übergegangen sind. Jetzt kann ich endlich ruhig schlafen.

Alle Candyphlossophy-Beiträge gibt’s unter www.blaaablaaa.com/tag/candyflossophy

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